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Das Haus am Ende der Straße

von Edda

Es gibt ein bezauberndes und tieftrauriges Buch von Neil Gaiman (den ich ja bekanntlich für einen der größten und meist unterschätzen Schriftsteller unserer Zeit halte), in dem sich ein Junge in das Mädchen vom Ende der Straße verliebt. Gemeinsam erleben sie einen Sommer voller Wunder und Schrecken und am Ende des Sommers versinkt das Mädchen für immer im Teich des Hauses, der eigentlich ein Ozean ist. Und die Kindheit des Jungen endet unwiderruflich.
Häuser sind überhaupt schon immer heimliche Hauptdarsteller in Geschichten - "Shining" hätte in einer 2,5 Zimmerwohnung eben nicht passieren können. Offensichtlich ranken sich um Häuser aber nicht nur zahlreiche Geschichten - sondern sie spielen scheinbar auch eine große Rolle in der Wahrnehmung meiner Kinder.
Als wir nämlich mit unserer Bande über Umzug und "mal woanders" sein gesprochen haben, lagen die Karten ziemlich schnell auf dem Tisch. "Hat das da auch einen Garten?" erkundigt sich Dark Vader, die sich neben ihren künstlerischen Ambitionen durchaus auch mit Balkongemüse beschäftigt. "Outside!" erklärt Elly, schockiert über die Begriffsstutzigkeit der Großen und man kann sehen, dass er sich schon seelig bis zu den Nasenlöchern im Dreck stecken sieht. "Hund." fügt Beanie hinzu, seines Zeichens Sensibelchen, großer Bruder und Held seiner Geschwister. Und dann: "Ohne Garten gehen wir nicht mit.". Das Baby macht "HnghHngh" und produziert Spuckebläschen. Man ist sich also einig.
Uns ist diese Schaffe, Schaffe, Häusle baue - Mentalität eher fremd. Denn: Wir sind ja urbane und sehr coole Eltern, die zum Familienausflug mit Fjällraven-Rucksack antreten (und sich hinterher wundern, weil der Apfelsaft ausgelaufen ist .. man die Teile aber nicht in die Waschmaschine stecken kann). Wir tragen schicke Kopfhörer, teure Turnschuhe und sind sogar "edgy" genug, um uns einem unserer Familiengröße angemessenen Gefährt zu verweigern. Nein, also wirklich, wenn man einen Bus fährt, dann ist der Lack endgültig ab.
Jedes Streben nach Eigenheim und Garten ist uns fremd - klar, die schicken Turnschuhe kann man zum Rasenmähen eher nicht anziehen. Der Ire unseres Haushalts wird beim Gedanken an Gartenarbeit ein bißchen grün im Gesicht, was lustig ist, denn Irland nennt man ja auch die grüne Insel.
Also gehen wir Häuser anschauen und kommen ein bißchen zur Welt. Wie so oft, seit wir am Fließband Kinder machen. Es gibt eine Menge Häuser und wenn man sich mal dran macht, die anzuschauen, dann stößt man in ein Paralleluniversum vor: EFH, DFH, Stellplätze, architektonischer Fußabdruck und die Unterschiede beim Heizen. Es gibt Häuser ohne Fußbodenheizung, echt jetzt !?!
Diese Blogpost ist also der Auftakt unserer Reise durch die Häuserwelt der Schweiz: eine Welt voller Makler, "einmaliger Gelegenheiten" und dem geradezu unverschämten Einsatz von Fotofiltern. Erkenntnis des heutigen Tages: Wer noch nie gemeinsam nach einem Haus gesucht hat, hat das tiefste Tief der Partnerschaft auch noch nicht durchschritten. Rock bottom, sozusagen.